Da ich im Sommer ein
Auslandspraktikum in Valencia absolvierte, war es für mich natürlich
selbstverstÁ¤ndlich am Papstbesuch in Madrid teilzunehmen. Es brauchte nicht
viel an Planung, lediglich ein Busticket von Valencia nach Madrid, wo ich mich
dann mit spanischen Freunden und Studienkollegen aus Salzburg getroffen habe.
Für mich war ein derartiges Treffen, zu dem mehr als 1,5 Millionen Menschen
erwartet wurden, eine neue Erfahrung, da ich zuvor noch an keiner
vergleichbaren Veranstaltung teilgenommen hatte.
Die total verzerrte
Berichterstattung, vor allem in den deutschsprachigen Onlinenachrichten, wie
ich mich spÁ¤ter überzeugen konnte, trübte meine Vorfreude etwas. Man las immer
wieder von angekündigten ProtestmÁ¤rschen der Indignados (`Empörten`) und Zusammenstößen zwischen den
WJT-Besuchern und den AnhÁ¤ngern der 15-M (15 de Mayo) Bewegung auf der Plaza
Mayor, die aus der prekÁ¤ren wirtschaftlichen Situation des Landes resultiert,
jedoch diese Befürchtungen erwiesen sich
als haltlos, wie sich herausstellte.
Ein weiterer Aspekt, der mir
ein bisschen Bauchschmerzen bereitete, war die Tatsache, dass eine derartige
Menschenansammlung bei mir nicht ausschließlich positive Gefühle hochkommen
lÁ¤sst. Doch schon an meinem ersten Tag,
der für mich aufgrund des Praktikums erst der Freitag war, konnte ich mich von
einer friedlichen und Á¤ußerst fröhlichen AtmosphÁ¤re überzeugen, die mich
sogleich ansteckte.
Beim gemeinsamen Kreuzweg an
der Plaza ColÁ³n im Herzen Madrids trafen die Pilger das erste Mal auf Papst
Benedikt, so auch ich. Die einzelnen Stationen des Kreuzweges wurden von
verschiedenen Nationen oder Gruppierungen mit speziellen sozialen und
politischen Hintergründen und ihren daraus resultierenden Anliegen gestaltet.
WÁ¤hrend der gemeinsamen Kreuzwegandacht fühlte ich mich einmal mehr als Teil
einer jungen und lebendigen Weltkirche.
Nach dem Kreuzweg machten wir
uns auf, um in einer der akkreditierten Lokale, Bars oder dergleichen unser
Pilgermenü einzunehmen. Eine tolle Erfahrung diesbezüglich war auch, als die
ganze Metropole quasi einem überdimensionalen Speisesaal glich, bei dem jede
Straßenecke und jeder Hauseingang zweckentfremdet seine Verwendung fand.
Lediglich ein paar Demonstranten versuchten die Pilger aus aller Welt - 192
verschiedene Nationen (!) - bei ihrem wohlverdienten Abendessen mit
provokanten, antipÁ¤pstlichen Zurufen aus der Ruhe zu bringen, jedoch wurde
ihnen aufgrund der Gehaltlosigkeit ihrer Aussagen und nicht zuletzt aufgrund
ihrer geringen Anzahl kein Gehör geschenkt, sodass sich diese MÁ¤rsche auch so
schnell wieder auflösten, wie sie erschienen.
Nach einer etwas weniger
komfortablen Nacht in einer Schule in einem Vorort Madrids, brachen wir am
Samstagmorgen gegen elf Uhr in Richtung CuatroVientos,
dem Á¤ltesten Flughafen im Südwesten Madrids, auf. Die Anfahrt zum Flugplatz
gestaltete sich einfacher als erwartet, wir machten uns sozusagen die spanische
Gemütlichkeit der anderen Pilger zu Nutze und genossen eine Fahrt in einer
halbleeren U-Bahn. Nach dem Ausstieg lag das riesige Feld an dem wir die
nÁ¤chsten eineinhalb Tage verbringen sollten, vor uns. Wir suchten unseren
Sektor und schlugen sogleich unsere provisorischen SchlafstÁ¤tten auf, die aus
nicht mehr als einer Plane und einem Schlafsack bestanden. Eigentlich
ausreichend - sollte man meinen, wenn man im Hochsommer auf spanischem Boden
eine Nacht im Freien verbringen möchte.
Unter spanischer Sonne bei
40°C Hitze begann nun das Warten auf die Ankunft des Hl. Vaters, die gegen 21
Uhr erwartet wurde. Um die Pilger vor einem Hitzeschlag zu schützen, kühlte die
spanische Feuerwehr regelmÁ¤ßig die tobende Menge ab. Den Nachmittag verbrachte
man in den Kapellen die in Zelten untergebracht wurden, man kam ins GesprÁ¤ch
mit anderen und tauschte sich aus und immer wieder spürte man die Begeisterung
der Jugend für diesen Papst, die vor allem durch die stÁ¤ndigen Zurufe "œEsta es,
la juventud del papa"œ ("žDas ist sie, die Jugend des Papstes"œ) zum Ausdruck
gebracht wurde. Die Stunden schritten voran und der Platz stieß mehr und mehr
an seine KapazitÁ¤ten, doch der Pilgerstrom schien nicht abzureißen, immer mehr
SchlafplÁ¤tze brachte dieses karge und trockene Areal hervor.
Meine Vorfreude wurde
allerdings von den Gewitterwolken etwas getrübt, die den Horizont schön langsam
von allen Seiten zu füllen schienen. Bei meinen zahlreichen Spanienaufenthalten
hatte ich erst zwei Mal ein Gewitter miterlebt und so erschien es mir
überflüssig einen weiteren Gedanken an ein mögliches Unwetter zu verschwenden,
aber wie man weiß, ist alles anders gekommen. Fast zeitgleich mit der Begrüßung
des Papstes auf der beeindruckenden Bühne begann es zu regnen und zu donnern.
Der Papst nahm wider Anraten seiner Berater auf dem Stuhl Platz und harrte
gemeinsam mit den Jugendlichen aus. Die RücksÁ¤cke, Matten und Planen wurden als
Schutz vor dem Regen verwendet und man erwartete nur noch einen Pilgerstrom in
Richtung Ausgang des GelÁ¤ndes, jedoch dieser blieb aus.
Nachdem das Gewitter und der
damit einhergehende Sturm die Feierlichkeiten zwar gestört, aber nicht zum
Abbruch gebracht hatten, ergriff der Papst erneut das Wort ("œHemosvividounaaventurajuntos"œ.) und sprach von einem Abenteuer,
das er gemeinsam mit seiner Jugend durchlebt hÁ¤tte und bedankte sich für die
Beharrlichkeit, die er als großes Potential dieser jungen Pilger auch im
Hinblick auf die Weltkirche sieht. Die durchnÁ¤ssten Habseligkeiten konnten die
fröhliche Stimmung nicht trüben und als sodann eine warme Brise aufkam, die uns
alle trocknen sollte, wurde jedem bewusst, dass sich aushalten und ausharren
durchaus lohnen kann.
Die Nacht verbrachte man in
einer der Anbetungszelte, im GesprÁ¤ch mit anderen oder einfach nur auf seinem
Schlafplatz inmitten von rund 1,5 Millionen GlÁ¤ubigen. Unter all diesen
Impressionen blieb mir vor allem die Stille in Erinnerung, die möglich war, obwohl sich so viele auf
engem Raum befanden. Den krönenden Abschluss bildete die Papstmesse am Sonntag,
der rund 2 Millionen Pilger beiwohnten, so auch das spanische Königspaar. Eine
besondere Ehre war für mich, die Messe auf der Papstbühne mitzufeiern. Wieder
brannte die Sonne im Nacken - das schien allerdings schnell vergessen beim
Anblick dieser begeisterten Menschenmenge. Mit vielen Eindrücken, die erst nach
und nach verarbeitet werden mussten, kehrte ich nach Valencia zurück und setzte
mein Praktikum fort.
Mag.aMonika Staltner